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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.06.2003
Aktenzeichen: 1 K 1863/01
Rechtsgebiete: EStG, AO
Vorschriften:
EStG § 46 Absatz 2 Nr. 8 Satz 2 | |
AO § 110 |
Tatbestand
Strittig ist, ob der Beklagte zu Recht die Veranlagung zur Einkommensteuer und zur Festsetzung einer Arbeitnehmer-Sparzulage abgelehnt hat.
Am 29. Dezember 2000 reichte die Klägerin ihre Einkommensteuer-Erklärung für 1998 ein. Die Steuererklärung (Bl. 1 - 4 ESt-A) besteht aus einem unterzeichneten Mantelbogen und der Anlage "N". Der Mantelbogen enthält die persönlichen Angaben (Name, Vorname, Geburtsdatum, Religionszugehörigkeit, Adresse und Bankverbindung) sowie bei den Sonderausgaben (Zeile 62) und bei den Kirchensteuern (Zeile 76) jeweils den Eintrag "wird noch beziffert"; außerdem ist das Kästchen "Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage" angekreuzt. Beim Bruttoarbeitslohn (Zeile 2) und bei den Werbungskosten (Zeile 48) in der Anlage "N"; ist ebenfalls eingetragen "wird noch beziffert"; bei den Versorgungsbezügen (Zeile 7) heißt es: "Halbwaisenrente OFD und LVA wurde in 1998 keine gezahlt". Im beigefügten Begleitschreiben entschuldigte die Klägerin die Nichtvorlage von Unterlagen damit, dass diese der OFD zum Nachweis ihrer Einkünfte vorgelegt worden seien.
Als die Klägerin trotz einer gesetzten Frist bis zum 31. Januar 2001 (Bl. 5 ESt-A) ihre Steuererklärung nicht vervollständigte, lehnte der Beklagte den Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung mit Bescheid vom 12. Februar 2001 ab (Bl. 6 ESt-A). Gegen die Ablehnung der beantragten Veranlagung legte die Klägerin fristgerecht Einspruch (Bl. 7 ESt-A) mit der Begründung ein, ihre Unterlagen von der OFD noch nicht zurück erhalten zu haben. Daraufhin gewährte der Beklagte erneut eine Frist zur Vervollständigung der Steuererklärung und zwar bis zum 30. März 2001 (Bl. 8 ESt-A). Diese Frist verlängerte er letztmalig bis zum 17. April 2001 (Bl. 10 ESt-A). Nach Aktenlage wurden innerhalb der Nachfrist keine Unterlagen eingereicht. Durch Einspruchsentscheidung vom 24. April 2001 (Bl. 11 ESt-A) wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit ihrer am 25. Mai 2001 erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Durchführung der beantragten Veranlagung. Zur Begründung trägt sie vor:
Bereits mit Schreiben vom 12. April 2001 habe sie dem Beklagten ergänzende Unterlagen vorgelegt.
Im übrigen würde sich der Anspruch auf Durchführung der beantragten Veranlagung auch aus dem Umstand ergeben, dass sie Halbwaisenrente beziehe. Über die für 1998 zu zahlende Halbwaisenrente sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden.
Die Klägerin beantragt,
den ablehnenden Bescheids vom 12. Februar 2001 und die
Einspruchsentscheidung vom 24. April 2001 aufzuheben und den
Beklagten zu verpflichten, die Veranlagung zur Einkommensteuer 1998 und zur Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage 1998 durchzuführen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, dass die Frist des § 46 Absatz 2 Nr. 8 EStG von 2 Jahren nach Ablauf des Veranlagungszeitraums nicht gewahrt worden sei. Der Antrag der Klägerin habe das Veranlagungsverfahren wegen fehlender Angaben zum Bruttoarbeitslohn und zur einbehaltenen Lohnsteuer nicht in Gang setzen können. Auch sei kein Fall einer Pflichtveranlagung gegeben, da der Klägerin in 1998 keine Halbwaisenrente zugeflossen sei.
Soweit die Klägerin behaupte, am 12. April 2001 die geforderten Unterlagen eingereicht zu haben, komme eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht. Es sei unklar geblieben, ob die Klägerin die besagten Unterlagen per Post abgesandt oder persönlich an Amtsstelle abgegeben habe. Unklar sei ferner, wann das Verfahren, für das die für die Steuererklärung erforderlichen Unterlagen benötigt worden seien, seinen Abschluss gefunden habe.
Gründe
Die Klage ist nicht begründet.
I. Antrag auf Durchführung der Einkommensteuerveranlagung
1. Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für eine Antragsveranlagung nicht vor. Nach § 46 Absatz 2 Nr. 8 Satz 2 EStG ist der Antrag bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Folglich hätte die Klägerin bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 ihre Einkommensteuererklärung für 1998 einreichen müssen. Das hat die Klägerin aber nicht getan.
a) Zwar hat die Klägerin noch am 29. Dezember 2000 einen unterschriebenen Mantelbogen mit ihren persönlichen Angaben und die Anlage "N" eingereicht. Damit hat sie aber keine Einkommensteuererklärung im Sinne des § 46 Absatz 2 Nr. 8 Satz 2 EStG eingereicht.
Das Einkommensteuergesetz enthält keine eigene Definition des Begriffs "Einkommensteuererklärung". Aus diesem Grunde ist insoweit auf den allgemeinen abgabenrechtlichen Begriff abzustellen. Danach ist eine Steuererklärung eine formalisierte, innerhalb einer bestimmten Frist abzugebende Auskunft des Steuerpflichtigen oder seines Vertreters, die dem Finanzamt die Festsetzung der Steuer oder die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ermöglichen soll und in der Regel zum Erlass eines Steuerbescheids führt (vgl. z.B: BFH vom 2. Juli 1986 I R 70/83, BFH/NV 1987 S. 704). Die Steuererklärung ist als Basis der Steuerfestsetzung eine umfassende Auskunft und ein wesentliches Mittel der Mitwirkung im Sinne des § 90 Absatz 1 AO, die aus einem von Vordrucken formalisierten Bündel von Auskünften über steuerlich erhebliche Vorgänge besteht (Tipke/Kruse, AO, vor § 149 Rz 1 Absatz 1 und Rz 2 Absatz 1). Mit der Abgabe der formell und materiell ordnungsgemäßen Steuererklärung kommt der Steuerpflichtige seiner Pflicht zur Offenlegung insbesondere des seiner Wissenssphäre zuzurechnenden Sachverhalts nach. Durch die Normierung der Steuererklärungspflicht bezweckt das Gesetz, dass die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offen gelegt werden (§ 90 Absatz 1 Satz 2 AO). Nur wenn der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht, die in § 150 Absatz 2 AO konkretisiert ist, nachkommt, kann die Finanzbehörde das reguläre Veranlagungsverfahren einleiten, indem sie die ihr vom Steuerpflichtigen selbst mitgeteilten Tatsachen auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft (vgl. z.B.: BFH vom 14. Januar 1998 X R 84/95, BFH/NV 1998 S. 1013).
Diesen Anforderungen genügen die am 29. Dezember 2000 eingereichten Unterlagen indes nicht. In den Unterlagen sind Angaben zur Person gemacht und weitere Angaben zu den Sonderausgaben, zum Arbeitslohn und zu den Werbungskosten lediglich in Aussicht gestellt worden. Diese Unterlagen waren nicht geeignet, als Grundlage für eine Steuerfestsetzung zu dienen. Weil die Klägerin den Antrag mit dem Ziel der Lohnsteueranrechnung gestellt hat, hätte sie noch weitere Angaben machen müssen, insbesondere zum Arbeitslohn und zur einbehaltenen Steuer (vgl. z.B.: BFH vom 15. März 1974 VI R 108/71, BStBl II 1974 S. 590; BFH vom 10. Juli 1987 VI R 160/86, BStBl II 1987 S. 827), um das Veranlagungsverfahren in Gang zu setzen.
b) Ob die Klägerin die erforderlichen Mindestangaben einer Einkommensteuererklärung dadurch nachgeholt hat, indem sie -- eigenen Angaben zufolge -- am 12. April 2001 nicht näher bezeichnete Unterlagen eingereicht hatte, kann dahinstehen. Selbst wenn dem so wäre, würde dies am Ablauf der Antragsfrist nichts ändern. Die vom Beklagten eingeräumte Nachfrist zur Vervollständigung der Steuererklärung entspricht nicht der Rechtslage, denn bei der Antragsfrist handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist (vgl. z.B.: BFH vom 3. Juni 1986 IX R 121/83, BStBl II 1987 S. 421; BFH vom 8. Mai 1979 VIII R 78/77, BStBl 1979 S. 676). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Zugangsschwierigkeiten scheidet damit von vornherein aus.
Aber auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 110 AO wegen eines - unverschuldeten - Rechtsirrtums kommt im Streitfall nicht in Betracht. Soweit die Klägerin der fehlerhaften Vorstellung erlegen ist, ihre Steuererklärung habe trotz der unvollständigen Angaben zur Wahrung der Antragsfrist ausgereicht, hat sie sich insoweit zwar in einem Irrtum über eine gesetzliche Ausschlussfrist befunden, der auch einen Wiedereinsetzungsgrund darstellt (vgl. z.B.: BFH vom 3. Juli 1986 IV R 133/84, BFH/NV 1986 S. 717). Allerdings ist dieser Wiedereinsetzungsgrund wieder weggefallen, als sie vom Beklagten mit Schreiben vom 3. Januar 2000 dahingehend belehrt wurde, dass ihre Steuererklärung der Vervollständigung bedarf, andernfalls der Antrag auf Durchführung der Veranlagung zurückgewiesen werden müsse. Indem die Klägerin diesen Hinweis nicht beachtet und die erforderlichen Mindestangaben nicht nacherklärt hat, hat sie dadurch die gebotene Sorgfalt außer acht gelassen und damit schuldhaft gehandelt (vgl. dazu Tipke/Kruse, AO, Rz 8 zu § 110 m.w.N.).
2. Die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung sind im Streitfall ebenfalls nicht erfüllt.
Eine Pflichtveranlagung wegen mehrerer Arbeitsverhältnisse wäre gemäß § 46 Absatz 2 Nr. 2 EStG nur dann durchzuführen, wenn der Klägerin neben dem Arbeitslohn auch Versorgungsbezüge in Form der Halbwaisenrente im Jahr 1998 tatsächlich zugeflossen wären (§ 11 Absatz 1 Satz 1 EStG). Darauf hat der Beklagte zutreffend hingewiesen.
II. Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage
Auch den Antrag auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage hat der Beklagte zu Recht abgelehnt, da ein allgemein auf Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage gerichtete Antrag nicht ausreicht, um die Antragsfrist des § 14 Absatz 4 Satz 2 VermBG zu wahren (vgl. z.B.: BFH vom 27. Oktober 1993 XI R 17/93, BStBl II 1994. S. 439).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Absatz 1 FGO.
Ende der Entscheidung
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